Höhentraining – Sauerstoffmangel als Trainingstool

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Frau in den Bergen ©Paul Aiken EyeEm

Ausdauerprofis schwören auf Höhentraining als Leistungsbooster. Wie das funktionieren soll, was über 2000 m Höhe in deinem Körper so alles passiert und wie das Höhentraining ablaufen kann.

Was ist Höhentraining?

Beim Höhentraining trainierst du in einer echten oder simulierten Höhe von ca. 2000 m über den Meeresspiegel. Durch den niedrigen Luftdruck der dünnen Höhenluft, nimmst du mit jedem Atemzug weniger Sauerstoff auf als im Flachland. Deswegen bist du ab 2000 m Höhe mit allen Zellen deines Körpers leichtem Sauerstoffmangel ausgesetzt. Dieser Zustand nennt sich Hypoxie. Ein anderer Name für Höhentraining ist Hypoxietraining.

Unter diesen Umständen muss dein ganzer Körper schon beim reinen Atmen ordentliche Mehrarbeit leisten. Trainierst du in der Höhe, wird der Workload für dein Herz-Kreislaufsystem noch höher.

Gut zu wissen: Der Sauerstoffgehalt der Luft beträgt, unabhängig von Höhenmetern, überall auf der Erde 20,9 %. In höheren Lagen sinkt lediglich der Luftdruck und damit auch der Sauerstoffpartialdruck. Infolgedessen hat ein Kubikmeter Atemluft über 2000 m deutlich weniger Sauerstoff als auf dem Meeresspiegel. So viel Physik für den Moment.

Die Idee hinter Höhentraining: Die Muskeln brauchen Sauerstoff, um (Höchst-) Leistung zu liefern. An diesen Sauerstoff ist in der Höhe schwerer heranzukommen. Beim Höhentraining soll der Körper sich an den herrschenden Sauerstoffmangel gewöhnen und die Sauerstoffgewinnung sowie die Sauerstoffversorgung der Muskulatur effizienter gestalten und so die Ausdauer verbessern.

Frauen joggen
©Matthew Leete

Warum gehen Sportler ins Höhentraining?

Läufer, Radfahrer, Ruderer, Skifahrer – im professionellen Leistungssport hat das Hypoxie Training im Höhentrainingslager sportartübergreifend einen festen Platz in der Saisonplanung. Gemeinsames Ziel der Athleten: Länger hohe Leistungsintensitäten abrufen zu können. Konkret heißt das zum Beispiel länger sehr schnell Laufen zu können.

Auch Trekkingreisende und Extrembergsteiger nutzen Höhentraining, um ihren Körper auf die nächste Reise vorzubereiten.

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Achtung, Verwechslungsgefahr: Vor allem Bergsteiger, die über 3500 m Höhe hinaus wollen, machen oft einen Höhenverträglichkeitstest und ein darauf abgestimmtes Höhenanpassungstraining bei dem der Körper sich nach und nach an dünnere Luft gewöhnt. Das passiert meistens über simulierte Höhenluft in speziellen Höhenkammern. Diese Akklimatisierung im Vorfeld einer Reise soll die Höhenkrankheit vermeiden oder wenigstens weniger schlimm werden lassen.

Mann in den Bergen
©Simon Koeppl EyeEm

Was bewirkt ein Höhentraining im Körper?

Die Idee des Höhentrainings ist klar. Aber wie soll das funktionieren? Die Anpassungen, die unter Hypoxie in deinem Körper stattfinden, sind komplex und fortlaufend Gegenstand (sport-)medizinischer Studien. Wie sehr und wie lange sich die Ausdauerleistung nach dem Höhentraining verbessert, scheint von Athlet zu Athlet unterschiedlich auszufallen.

Viele physische Anpassungsprozesse sind medizinisch bewiesen. Einige Studien zeigen auch signifikante Leistungsverbesserungen unter Hypoxiebedingungen. Ob und wie lange diese gesteigerte Performance bei Sportlern wirklich anhält und ist wissenschaftlich nicht zweifelsfrei belegt.

Höhentraining Auswirkungen

Der geringe Luftdruck in Höhen von 2000 m und höher hat zur Folge, dass auch der Sauerstoffpartialdruck im Blut abnimmt. Du bist weniger leistungsfähig. Zum Glück ist dein Körper lösungsorientiert: Um trotz widriger Bedingungen weiter funktionieren zu können, setzt er diverse Anpassungsmechanismen in Gang.

Viele davon werden nach wie vor untersucht. Die Studienlage zur Verbesserung der Ausdauer durch Höhentraining ist komplex. Die folgenden Punkte geben dir ein Grundverständnis davon, was beim Training unter Hypoxiebedingungen passiert.

Verbesserung des Sauerstofftransports

Aufgrund des Sauerstoffmangels in der Höhe, produzieren die Nieren mehr EPO, ein Hormon, das wiederum rote Blutkörperchen inklusive ihrem Sauerstofftransporter Hämoglobin bildet. Der Job roter Blutkörperchen ist es, deine Muskeln und Organe mit Sauerstoff zu versorgen. Deine Muskeln brauchen Sauerstoff, um Energie für die Bewegung zu gewinnen und deine Leistung über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten.

Je mehr dieser kleinen CO2-Transporter du hast, desto mehr Sauerstoff gelangt in kürzerer Zeit dahin, wo er gebraucht wird. Dieser Effekt des Höhentrainings ist wissenschaftlich klar belegt.

Der verbesserte Sauerstofftransport soll mehrere Wochen anhalten. Die erhöhte EPO Konzentration hält hingegen nur kurz vor. Dass sich diese gesteigerte Leistungsfähigkeit des Organismus auch im Flachland als verbesserte Ausdauer bemerkbar macht, ist wissenschaftlich nicht zweifelsfrei belegt.

Untersuchungen zeigen, dass die Resultate des Höhentrainings individuell verschieden ausfallen: Manche Athleten profitieren intensiver und länger von dem Hypoxietraining, als andere.

Side Fact: Künstlich zugeführtes EPO gilt im Leistungssport als Dopingmittel und ist von der Weltdopingorganisation verboten.

Läufer in den Bergen
©GibsonPictures

Verbesserung der Kapillardichte

Je besser der Muskel durchblutet ist, desto höher sind auch die Anforderungen an die Kapillaren. Das sind kleinste Blutgefäße, die nicht für den Bluttransport, sondern für den Stoffaustausch zwischen Zellen zuständig sind.

Wenn mehr Blut zirkuliert, werden auch mehr Stoffe ausgetauscht. Dabei vergrößern sich – vereinfacht gesagt – die vorhandenen Kapillaren. Ist deren Kapazität erschöpft, bilden sich neue Kapillaren. Diesen Effekt hast du auch bei regelmäßigem intensivem Ausdauersport im Flachland. Der in den Höhen herrschende Sauerstoffmangel verstärkt ihn aber.

Reduzierte Pufferkapazität des Blutes

Das ist erstmal nichts Gutes. Vereinfacht gesagt bedeutet eine geringere Pufferkapazität des Blutes, das dein Blut bei anaerober Belastung schneller sauer wird. Du merkst diese Übersäuerung als Ermüdung. Das liegt vor allem an der Ausschüttung von Bikarbonat, einer ph-Wert regulierenden Base.

The bright side: Untersuchungen zeigen, dass im Gegenzug für die schnellere Ermüdung unter Hypoxie, die Blutpufferkapazität nach dem Höhentraining für einen gewissen Zeitraum verbessert ist. Das ist ein essenzieller Grund, für die bessere Ausdauer, die viele Athleten nach dem Höhentraining erleben.

Du siehst, beim Höhentraining leistet dein Körper im Stillen Höchstarbeit. Über diese genannten Faktoren hinaus, gibt es noch viele weitere komplexe biochemische Anpassungsprozesse in Höhenlagen, die sich in einschlägiger (sport-)medizinischer Literatur im Detail nachlesen lassen.

Netter Nebeneffekt des Trainings unter Hypoxiebedingungen sind übrigens die deutlich saubere Luft in der Höhe und die vermehrte Ausschüttung von Serotonin und Dopamin in dünner Luft. Höhentraining macht also glücklich – zumindest kurzzeitig.

Und sonst so?

Zusätzlich zu den biochemischen Anpassungsprozessen, birgt Höhentraining noch ein paar andere Belastungen, mit denen du klarkommen musst. Dazu gehören:

  • Zusätzlicher Flüssigkeitsverlust durch geringeren Wasserdampfdruck. Das trocknet die Schleimhäute aus. Deswegen muss die Atemluft mehr befeuchtet werden. Je kälter es ist, desto trockener ist auch die Luft.
  • Schwankende Temperaturen. Oft ist es in den Bergen nachts kalt und tagsüber sehr warm. Diese Schwankungen sind für den Organismus gewöhnungsbedürftig.
  • Kein Höhentraining ohne ordentliche Sonnencreme! Die stärkere UV-Strahlung in Kombination mit der körperlichen Belastungen lässt die Haut schnell verbrennen.
  • Erhöhte Atmung. Die Lunge muss mehr arbeiten, um bei geringerem Sauerstoffanteil in der Luft trotzdem genug Sauerstoff ins System zu bringen. Dafür musst du tiefer und mehr Atmen. Vorteil: Das trainiert auch die Atemmuskulatur.

Wie funktioniert Höhentraining?

Höhentraining solltest du immer gemeinsam mit erfahrenen Coaches und unter medizinischer Kontrolle machen. Bevor es mit dem Training selbst losgeht, steht ein Höhenanpassungstraining an, damit sich dein Körper erstmal im Ruhezustand und unter geringer Belastung an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen kann.

Marathonläufer macht sich warm
©Tony Anderson

Reduziere die Trainingsintensität

Höhentraining bedeutet vor allem Mehrarbeit für deinen Körper. Das äußert sich in reduzierter Leistungsfähigkeit. Deswegen musst du beim Hypoxietraining die Trainingsintensität verringern. Was auf den ersten Blick widersprüchlich klingen mag, ist bei genauem Hinsehen sehr logisch: Die verringerte Intensität wird durch die Umgebungsbedingungen ausgeglichen.

Dieser Effekt ist vor allem für Athleten mit sehr hohen Trainingsumfängen attraktiv. Durch die automatisch gesteigerte Effizienz des Trainings können die Trainingsumfänge reduziert werden. Das schont den gesamten Bewegungsapparat.

Wie lange Höhentraining gemacht werden sollte, hängt von der individuellen Anpassung an die Hypoxie und den gewünschten Trainingszielen ab. Als Richtwert gelten 3 Wochen mit mindestens 5 wöchentlichen Trainingsstunden.

Zusätzlich unterscheidet man verschiedene Formen des Höhentrainings. Dein Coach wird mit dir besprechen, welche für dich und deine Ziele am besten geeignet ist.

Live High Train High

Beim “Live High Train High”Konzept lebt und trainiert der Athlet in der Höhe. Er ist konstant der Höhenluft ausgesetzt. Die Trainingsintensität muss deswegen reduziert und die Regenerationszeiten gründlich geplant werden.

Live High Train Low

Das Höhentraining nach dem “Live High Train Low Konzept” gilt unter vielen Coaches und Medizinern als die erfolgversprechendste Form des Hypoxietrainings. Während des Lebens in der Höhe passt sich der Sportler an die dortigen Bedingungen an. Dafür sollten der Athlet  wenigstens 12 Stunden täglich ohne Unterbrechung in der Höhe verbringen. Das Training findet im Flachland, mit normalen Umfängen und in voller Intensität statt.

Live Low Train High

Im Flachland zu leben und in der Höhe zu trainieren ist komfortabel. Eine Höhentraining Simulation in einer speziellen Höhenkammer würde das Hypoxietraining damit ganz einfach weltweit verfügbar machen. Allerdings gilt diese Form des Höhentrainings dem aktuellen Forschungsstand nach, als die am wenigsten effektivste. Höhentraining zu simulieren, scheint außerdem weniger erfolgversprechend, als das Training unter echten Bedingungen.

Was ist die richtige Höhe für Höhentraining?

Hypoxietraining findet je nach Zielsetzung zwischen 1900 und 2500 m über dem Meeresspiegel statt. In höheren Lagen überwiegen die negativen Effekte des verringerten Luftdrucks die positiven Leistungsanpassungen.

Marathonläufer
©Paul Bradbury

Ist Höhentraining für Freizeitsportler sinnvoll?

Da Höhentraining keine nachweisbaren langfristigen Verbesserungen mit sich bringt, scheint es nur im Rahmen einer gezielten Wettkampfvorbereitung sinnvoll. Wer just for fun Ausdauersport macht, braucht kein Höhentraining.

Du planst eine hochalpine Trekkingtour? Dann kann ein Höhenverträglichkeitstest mit anschließendem Höhenanpassungstraining sinnvoll sein.

Wichtig: Hypoxietraining sollte immer gut geplant, unter professioneller Aufsicht und nach medizinischer Rücksprache erfolgen. Ohne Erfahrung einfach so in der Höhe zu trainieren, kann unter Umständen gefährlich sein. In Deutschland gibt es diverse Höhentrainingszentren, in denen du dich dazu beraten lassen kannst.

Maske statt Berg – Funktioniert das?

Trainingsmasken, die das Atmen erschweren, sollten es für Freizeitsportler leicht machen, auch im Flachland das Höhentraining nachzuahmen. Abgesehen davon, dass du mit dieser Maske aussiehst, als wärst du gerade einem Actionfilm entsprungen, erschwert sie während des Trainings die Atmung.

Du musst also mehr atmen, um mit einem Atemzug genug Sauerstoff in deine Lungen zu bekommen. Das trainiert die Atemmuskulatur und verbessert die maximale Sauerstoffaufnahmekapazität (VOmax).

Gut zu wissen:  Die VOmax gibt an, wie viel Sauerstoff dein Körper während der Belastung sinnvoll verwerten kann. Je höher der Wert, desto bessere Voraussetzungen hast du, um in hohen Intensitätsbereichen länger durchzuhalten, also zum Beispiel länger schnell zu laufen. Eine hohe VOmax, heißt aber noch nicht, dass du automatisch schneller oder ausdauernder bist – lediglich deine Voraussetzungen, hohe Leistungen abzurufen sind gut. Dafür musst du aber doch noch gezielt trainieren.

Des Weiteren sollen Masken den Sauerstofftransport durch die automatisch erhöhte CO2-Konzentration in der Maske verbessern. Es gibt Untersuchungen, die darauf hinweisen, dass das auch funktioniert.

Allerdings kann eine erhöhte CO2-Konzentration in der Atemluft dazu führen, dass dir schwindelig wird, du dich unwohl fühlst und deine Leistungsfähigkeit sinkt. Bei dem Training mit Masken, ist also Vorsicht geboten: Hör auf deinen Körper, wenn der “Stopp” sagt.

Es gibt bislang keine Langzeit-Untersuchungen, die die Effekte der Atemmasken belegen können. Eine Studie, die die Leistung von Ausdauersportlern auf Fahrradergometern gemessen hat, konnte nach 6 Wochen Trainings mit der Atemmaske weder höhere Hämoglobinwerte, noch eine erhöhte Kapillardichte oder eine verbesserte Pufferkapazität des Blutes nachweisen.

Die Effekte, die das Höhentraining wirklich sinnvoll machen, blieben also aus. Da du mit der Maske dennoch die Trainingsintensität senken musst, ist es der aktuellen Studienlage nach fraglich, ob sie dir wirklich helfen, deine Ziele zu erreichen.

Fazit

  • Beim Höhentraining profitierst du von den biochemischen Anpassungen, mit denen dein Körper auf den geringeren Sauerstoffpartialdruck reagiert.
  • Ziel des Hypoxietraining ist die Verbesserung der Ausdauer bei hohen Leistungsintensitäten.
  • Höhentraining sollte nur mit medizinischer Freigabe und professioneller Betreuung stattfinden.

Artikel-Quellen

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  • Chapman Robert F: The individual response to training and competition at altitude. In: British Journal for Sports Medicine. 09/2013;47. Pages 40-i44.
  • Friedmann, Birgit: Entwicklungen im Höhentraining: Trends und Fragen. In: Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin. 12/2000. S. 418–423.
  • Hamlin, Michael J et.al: Effects of Altitude on Performance of Elite Track-And-Field Athletes. In: International Journal of Sports Physiology and Performance. 10/2015; 7.
  • Khodaee M, Grothe HL, Seyfert JH, VanBaak K. Athletes at High Altitude. Sports Health. 2016; 8(2): 126–132. doi:10.1177/1941738116630948
  • Knechtle, Beat: Aktuelle Sportphysiologie: Leistung und Ernährung im Sport. Basel 2002.
  • Porcari JP, Probst L, Forrester K, et al. Effect of Wearing the Elevation Training Mask on Aerobic Capacity, Lung Function, and Hematological Variables. J Sports Sci Med. 2016;15(2):379-386. Published 2016 May 23.
  • Schmidt, Walter: Hypoxietraining – nicht nur im Leistungssport eine Option. In: German Journal for Sports Medicine. Online Source: https://www.zeitschrift-sportmedizin.de/wenn-die-luft-duenn-wird-hypoxietraining-nicht-nur-im-leistungssport-eine-option/ (Aufgerufen am 24.06.20)

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